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Trauma und PTBS

Selbsttest, Diagnostik und Behandlung

Wie häufig sind Posttraumatische Belastungsstörungen?


Die Verbreitung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) hängt einerseits vom allgemeinen Risiko für intensiv belastende Ereignisse ab und andererseits davon, wie gut sich eine Bevölkerung bereits daran angepasst hat.

Es gibt zum Beispiel Teile der Welt, wo Naturkatastrophen und Kriege an der Tagesordnung stehen und wo die Bevölkerung einen Weg finden musste, um damit halbwegs gut umzugehen.

Wenn wir Zahlen für Europa heranziehen, dann zeigt sich eine Lebenszeitprävalenz von knapp 2 Prozent. Das bedeutet, etwa 2 von 100 Personen entwickeln im Laufe ihres Lebens eine posttraumatische Belastungsstörung. Zum Vergleich ist diese Zahl in den USA deutlich größer. Hier wird eine Lebenszeitprävalenz von knapp 7 Prozent geschätzt. Frauen haben ein doppelt so großes Risiko wie Männer.

Posttraumatische Belastungsstörung und Traumafolgen Psychologische Praxis

Eine PTBS kann grundsätzlich in jeden Alter nach einem intensiv belastenden Ereignis auftreten. Obwohl sich viele Symptomatiken von ganz alleine zurückbilden können, was bei etwa der Hälfte aller Personen der Fall ist, bleibt die Symptomatik in unbehandelten Fällen bei vielen Betroffenen mehrere Jahre und bis zu Jahrzehnte bestehen. In seltenen Fällen kommt es auch vor, dass eine gewisse Symptomatik erst sehr verzögert nach Jahren zum ersten Mal auftritt.

Welche Ursachen hat die Posttraumatische Belastungsstörung?


In Studien wird geschätzt, dass ein sehr großer Teil (ca. 70 Prozent) aller Personen zumindest einmal im Leben ein intensiv belastendes Ereignis miterleben musste. Jedoch entwickelt nur ein kleiner Teil davon auch eine krankheitswertige Form einer Belastungsreaktion. Warum ist das so? Märcker (2019) beschreibt in seinem Überblickswerk fünf ätiologische Gruppen von Faktoren:

  • Risiko- und Schutzfaktoren
  • Ereignisfaktoren
  • aufrechterhaltende Faktoren
  • Gesundheitsförderliche Faktoren
  • Posttraumatische Prozesse

Damit ist gemeint, dass es auf der einen Seite bestimmte Risikofaktoren gibt, die das Auftreten einer PTBS begünstigen können. Ein entscheidender Risikofaktor wäre zum Beispiel vorangegangene traumatische Erlebnisse in der Kindheit. Auf der anderen Seite gibt es bestimmte Schutzfaktoren, die die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer PTBS vermindern können, wie bestimmte Persönlichkeitseigenschaften oder eine gewisse genetische Veranlagung.

Zu den Ereignisfaktoren zählt vor allem die Traumaschwere. Je schwerer das traumatische Ereignis objektiv eingeschätzt wird, desto stärker sind auch die individuellen Belastungsreaktionen zu erwarten.

Die aufrechterhaltenden Faktoren sind auf der einen Seite die mit der PTBS einhergehenden Belastungen und Einschränkungen, die zu zusätzlichem zeitlichen, finanziellen oder emotionalen Stress führen können. Auf der anderen Seite sind hier bestimmte kognitive Veränderungen aufgrund des Ereignisses gemeint. Die Betroffenen weisen dabei meist eine klar veränderte Sichtweise von sich selbst, von anderen oder der Welt im Allgemeinen auf.

Beispiele für gesundheitsförderliche Faktoren sind bestimmte psychologische Ressourcen wie die Selbstwirksamkeitserwartung, Optimismus oder der Kohärenzsinn. Aber auch bestimmte soziale Faktoren wie die soziale Unterstützung durch Familie oder Freunde kann einen positiven Effekt auf den Verlauf der Belastungsreaktion haben.

Schließlich gibt es noch posttraumatische Prozesse, die Einfluss auf das Ausmaß der Belastungsreaktion haben können. Hier könnte man psychosoziale Folgen wie Schul- oder Studienabbrüche, Jobverlust oder Beziehungsprobleme als Beispiele anführen.

Je nach Ausmaß und Konstellation in diesen fünf Faktorengruppen ist das Risiko für eine PTBS entweder erhöht oder vermindert. Eine Person, die beispielsweise bereits in der Kindheit Misshandlung erfahren hat, die ihr ganzes Leben für sich selbst sorgen musste und die wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten hat, wird dadurch ein deutlich erhöhtes Risiko für eine PTBS nach einem Belastungsereignis aufweisen.

Welche Symptome hat die Posttraumatische Belastungsstörung?


Damit sich eine Traumafolgestörung entwickeln kann, muss mindestens ein intensiv belastendes Ereignis vorgefallen sein. Dieses kann am persönlichen Leib erfahren worden sein, es kann aber auch von der betroffenen Person beobachtet worden sein. Die Belastungsreaktion muss dann über einen längeren Zeitraum vorhanden sein und die Symptomgruppen des Wiedererlebens, des Vermeidens und der physiologischen Übererregung umfassen.

Beim Wiedererleben kommt es zu ungewollten und wiederkehrenden Erinnerungen (Intrusionen) an das oder die belastenden Ereignisse. Diese sind meist sehr lebhaft und viele fühle sich wie in die Situation zurückversetzt. Damit gehen dann meist auch starke körperliche Reaktionen (z.B. Zittern, Herzrasen) und unangenehme Emotionen (z.B. Angst, Kontrollverlust, Ekel) einher. Das Wiedererleben kann in Form von Albträume im Schlaf erfolgen, aber auch tagsüber in sogenannten Flashbacks (plötzliche Erinnerungsattacken). Teils können die Intrusionen aus dem Nichts auftauchen, aber auch durch bestimmte Auslöser (Trigger), die mit der belastenden Erinnerung in Verbindung stehen, verursacht werden.

Das Vermeidungsverhalten zeigt sich dadurch, dass Betroffene versuchen, sowohl Gedanken als auch Erinnerungen und Gefühle, die mit dem Ereignis zusammenhängen könnten, so gut es geht zu vermeiden. Außerdem wird versucht, allen Gesprächen, Menschen, Aktivitäten oder Situationen aus dem Weg zu gehen, die Erinnerungen an das Ereignis hervorrufen könnten.

Nach Erleben eines belastenden Ereignisses kommt es zu einer verstärkten Wahrnehmung von möglichen gegenwärtigen Bedrohungen und damit zu einer verstärkten physiologischen Übererregung (Hyperarousal). Diese äußert sich häufig in Form von übermäßiger Wachsamkeit, verstärkter Schreckhaftigkeit, erhöhter Reizbarkeit und Wutausbrüchen, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen.

Neben diesen drei großen Symptomgruppen gibt es noch weitere Symptomatiken wie (1) Teilamnesien, sodass bestimmte Elemente des Ereignisses nicht mehr erinnert werden können, (2) negative Grundüberzeugungen über sich selbst, die anderen oder die Welt, (3) verzerrte Interpretation des Ereignisses (z.B. sich selbst die Schuld zuweisen), (4) negative emotionale Stimmungslage und Interessensverlust, (5) Gefühle der Entfremdung von sich selbst und von anderen sowie (6) verminderte Fähigkeit positive Emotionen erleben zu können.

Für die Diagnosestellung einer 6B40 Posttraumatische Belastungsstörung können die international geltenden Kriterien der ICD-11 herangezogen werden (die Diagnosestellung laut DSM-V ist sehr ähnlich):

  • die Betroffenen sind einem oder mehreren extrem belastenden Ereignissen ausgesetzt
  • es kommt zu einem Wiedererleben des Ereignisses in Form von Intrusionen, Flashbacks oder Albträumen, die von intensiven Gefühlen begleitet sind
  • Erinnerungen an das Ereignis werden vermieden
  • Aktivitäten und Situationen, die eine Erinnerung an das Ereignis hervorrufen könnten, werden vermieden
  • anhaltende Wahrnehmung einer gegenwärtigen Bedrohung
  • Symptomatik muss über einen längeren Zeitraum (z.B. mehrere Wochen) vorhanden sein und zu merklichen Einschränkungen in wichtigen Funktionsbereichen führen

Was ist die Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung?


Neben der "klassischen" Form der PTBS gibt es auch noch die komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (KPTBS), welche sich grundsätzlich aufgrund von länger andauernden oder sich wiederholenden belastenden Geschehnissen entwickelt. Neben der Kernsymptomatik der klassischen PTBS in Form des Wiedererlebens, des Vermeidens und des Hyperarousels sind zusätzlich folgende Symptome vorhanden:

  • Emotionsregulationsschwierigkeiten
  • negative Überzeugungen sich selbst gegenüber
  • Beziehungsschwierigkeiten

Emotionsregulationsschwierigkeiten beschreibt Probleme im Umgang mit den eigenen Gefühlen und Affekten, was zu emotionalen Überreaktionen auf kleinere Belastungen im Alltag führt. Selbstschädigendes oder selbstverletzendes Verhalten sowie eine gewisse Neigung zu dissoziativen Zuständen (Abdriften von der Realität in Form von Derealisation oder Depersonalisation) kommt dabei ebenfalls vor. Auch kommt es zu einem Gefühl der inneren Leere.

Bei den negativen Überzeugungen sich selbst gegenüber kommt es zu Einschätzungen der Minderwertigkeit, der Unterlegenheit und der Wertlosigkeit. Viele fühlen sich deswegen auch schuldig und vernehmen ein anhaltendes Gefühl der Scham. Die Überzeugungen sitzen sehr tief und bestimmen großteils die eigene Identität.

Beziehungsschwierigkeiten zeigen sich dadurch, dass Betroffene starke Probleme haben, eine partnerschaftliche Beziehung längerfristig aufrecht zu erhalten. Auch kommt es zu Misstrauen in intimen Beziehungen.

Selbsttest PTBS

Der folgende Test dient lediglich Ihrer eigenen Einschätzung der Symptomatik. Auf eine Interpretation der Ergebnisse wurde bewusst verzichtet, da dies ausschließlich in Absprache mit einer dafür ausgebildeten Person erfolgen soll.

Welche der folgenden Aussagen treffen auf Sie zu?

Wie wird die Posttraumatische Belastungsstörung behandelt?


Nach dem Erstgespräch beginne ich in meiner Praxis mit dem diagnostischen Prozess. Diese dient einerseits der Einschätzung, ob es sich um eine krankheitswertige Form einer (komplexen) PTBS handelt und andererseits, ob noch weitere psychische Problematiken (wie Angststörungen, depressive Erkrankungen usw.) vorhanden sind. Hier ist es auch wichtig anzumerken, dass es in der Diagnostik nicht darum geht, über ein Ereignis zu sprechen, sondern darum, welche Auswirkungen das Ereignis für die betroffene Person hat. Dies nimmt dann bereits die Angst vor dem diagnostischen Prozess, weil das Sprechen über ein bestimmtes Ereignis zu diesem Zeitpunkt noch viel zu schwierig wäre.

Nach der Feststellung der Diagnose(n) erfolgt die Psychoedukation, in der einerseits über die Symptomatik und andererseits über die aufrechterhaltenden Bedingungen der PTBS informiert wird. Ein individuelles Erklärungsmodell der Störung für sich zu entwickeln hat sich ebenfalls als sehr hilfreich und entlastend erwiesen.

Wichtig für die Psychoedukation ist zudem die Aufklärung über das Traumagedächtnis. Es wird besprochen, dass normale Geschehnisse im expliziten, episodischen Gedächtnis abgespeichert werden. Dabei gibt es einen Beginn und ein Ende und man kann genau unterscheiden zwischen dem, was damals passiert ist und wie man sich dabei gefühlt hat und dem, was gerade jetzt passiert. Bei traumatischen Geschehnissen ist das anders. Aufgrund seiner Bedrohlichkeit wurde das traumatische Ereignis nämlich nicht adäquat abgespeichert. Dies hat zur Folge, dass man oftmals nur gewisse Teile davon erinnert, die auch nur als einzelne, unzusammenhängende Erinnerungen auftauchen können. Auch fällt es schwer, zwischen damals und heute zu unterscheiden. Es fühlt sich bei einer Erinnerung für viele so an, als ob man wieder genau im Geschehen drinnen wäre.

Ein entscheidendes Ziel der Behandlung ist es daher, das traumatische Erlebnis in das normale Gedächtnis zu überführen. Das Erlebnis muss also zu einer durch Sprache ausgedrückten Geschichte werden, mit einem klaren Anfang und Ende. Dadurch soll es gelingen, das Erlebte in das explizite, episodische Gedächtnis zu integrieren, mit dem Ziel, dass man darauf zugreifen kann, wenn man das selbst entscheidet und sich auch wieder davon distanzieren kann, sobald man sich genügend damit auseinandergesetzt hat.

Damit das gelingen kann, dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Wichtig ist es jedoch, sich mit dem Erlebten auf irgendeine Art und Weise zu konfrontieren. Das kann in der Vorstellung sein, das kann aber auch geschehen, indem das Ereignis oder die Ereignisse niedergeschrieben werden. Wichtig ist zu sagen, dass die Entscheidung, wie weit Sie gehen wollen, wie immer ganz bei Ihnen liegt. So herausfordernd es sich für viele auch anhört, das Vermeidungsverhalten Schritt für Schritt immer mehr abzulegen, kann ein entscheidender Faktor sein, damit man sich nachhaltig vom traumatischen Erlebnis lösen kann.

Die weiteren Schritte betreffen dann problematische Denkmuster sowie negative kognitive Überzeugungen bezüglich des traumatischen Erlebnisses, aber auch bezüglich sich selbst, anderen bedeutenden Personen und der Welt im Allgemeinen. Diese Denkmuster und Überzeugungen sind bei traumatisierten Personen häufig sehr negativ und dysfunktional. Dies gilt es zu explorieren und zu modifizieren. Wichtige Themen sind dabei Sicherheit, Vertrauen, Kontrolle, Wertschätzung oder Intimität.

Zusätzlich wird die eigene Emotionsregulationskompetenz gestärkt. Dies wird durch bestimmte Regulationsstrategien wie Achtsamkeit, Atem- oder Entspannungstechniken sowie kognitiven Strategien ermöglicht.

Literatur: Märker, A. (2019). Traumafolgestörungen (5. Auflage). Berlin: Springer.
König, J., Resick, P., Karl, R. & Rosner, R. (2012). Posttraumatische Belastungsstörung: Ein Manual zur Cognitive Processing Therapy. Göttingen: Hogrefe.


Mag. Dr. Hannes Mayerl Psychologe Graz Angst Panik Phobie

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Soziale Angststörung Bei der Sozialen Angststörung handelt es sich um eine weit verbreitete Angsterkrankung, die in Europa eine Lebenszeitprävalenz von ca. 7% aufweist.