Verbreitung
Agoraphobie setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern agorá
(für "Marktplatz") und phóbos (für "Furcht"), was die Angst vor öffentlichen und
weiten Plätzen und Orten ausdrücken soll. Menschen mit einer Agoraphobie haben starke Ängste
vor konkreten Situationen wie z.B. alleine draußen zu sein, sich in Menschenmengen oder
längeren Warteschlangen aufhalten zu müssen, auf Brücken zu sein, auf weiten Flächen zu stehen
oder auf Reisen mit Auto, Bus, Zug oder Flugzeug zu sein. Die Lebenszeitprävalenz einer Agoraphobie
beträgt ca. 5%. Das heißt, ca. 5 von 100 Personen leiden irgendwann im Laufe des Lebens an einer
Agoraphobie. Frauen sind in etwa doppelt so häufig davon betroffen wie Männer.
Die Ursachen einer Agoraphobie sind noch nicht eindeutig geklärt und können von Person zu
Person sehr unterschiedlich sein. Wahrscheinlich ist jedoch, dass das Zusammenwirken aus genetischer
Veranlagung (z.B. eine erhöhte Sensibilität auf körperliche Veränderungen), spezifischer
Bewältigungsmuster (z.B. Vermeidung angstauslösender Situationen) sowie
belastender Lebensumstände (z.B. Jobwechsel, Trennungen, traumatische Erfahrungen)
das Auftreten einer Agoraphobie begünstigen können.
Symptome
Menschen mit Agoraphobie haben eine starke Angst davor, sich in Situationen zu begeben,
aus denen sie im Bedarfsfall nicht sofort entfliehen könnten oder wo bei einem befürchten
Notfall keine schnelle Hilfe zu erwarten wäre. Diese Situationen werden entweder komplett vermieden
oder sie werden nur mit großem Unbehagen oder in Begleitung aufgesucht. In den gefürchteten
Situationen können auch starke Angstempfindungen wie Herzrasen, Hitzewallungen, Schwitzen,
Atemnot, Zittern, Übelkeit, Kribbeln oder Taubheit, Gefühle der Unwirklichkeit,
Angst vor Kontrollverlust oder die Angst
zu sterben
auftreten, was sich bis hin zu einer Panikattacke steigern kann.
Daraus entsteht dann auch
eine starke Angst vor der Angst, weshalb diese Situationen häufig auch vermieden werden.
Das Vermeidungsverhalten kann dabei sehr offen zu Tage treten (z.B. nicht mehr in die Arbeit
gehen zu können) oder eher versteckt sein, ohne dass es Betroffenen so wirklich auffällt (z.B.
dass sich Betroffene "einreden", noch nie gerne alleine mit der Straßenbahn gefahren zu sein). Häufig
entwickeln sich auch bestimmte Vermeidungsrituale (z.B. ständig eine Wasserflasche oder
das Smartphone dabei haben zu müssen), was die Erwartungsangst vor einem erneuten Angstanfall
erhöhen kann. Die Abhängigkeit von anderen Menschen wird ebenfalls immer größer, was dann auch
z.B. Konflikte mit dem Partner oder der Partnerin hervorrufen kann.
Selbsttest Agoraphobie
Der folgende Test dient lediglich Ihrer
eigenen Einschätzung der Symptomatik.
Auf eine Interpretation der Ergebnisse wurde bewusst verzichtet, da dies ausschließlich
in Absprache mit einer dafür ausgebildeten Person erfolgen soll.
Hinweis: Am Smartphone
am besten im Querformat ausfüllen! Es werden keinerlei Daten gespeichert!!!
Behandlung der Agoraphobie
In meiner Praxis wird vor jeder Behandlung eine ausführliche Diagnostik durchgeführt.
Dafür werden
die entsprechenden Kriterien der Internationalen Klassifikation Psychischer Störungen (ICD-10) genau
abgeklärt und entschieden, ob das Ausmaß der Symptomatik die Diagnose einer
Agoraphobie nach ICD-10 rechtfertigt. Dabei kann es sich entweder um eine
Agoraphobie ohne Panikstörung (F40.00) handeln, wo hauptsächlich das Vermeidungsverhalten
im Vordergrund
steht oder um eine Agoraphobie mit Panikstörung (F40.01), wo es in den befürchteten Situationen
bereits mehrmals zu Panikattacken gekommen ist.
Die weitere Behandlung ist sehr ähnlich der Behandlung der
Panikattacken.
Nach der Diagnosestellung folgt die Psychoedukation. Dabei wird über die Ursachen und die
aufrechterhaltenden Bedingungen der Erkrankung aufgeklärt und auf den Teufelskreis der Angst
eingegangen, der die Wechselwirkungen zwischen dem Auslöser (der Situation), den
gedanklichen und emotionalen Prozessen sowie den
körperlichen Reaktion aufzeigt.
Danach wird das Kontrollerleben gestärkt und es werden Angstbewältigungsstrategien
vermittelt.
Das Erlernen von Achtsamkeitsstrategien, Atemtechniken, Wahrnehmungslenkungen und
Entspannungsmethoden nimmt hier den größten Stellenwert ein. Biofeedbacktraining
kann hier ebenfalls sehr hilfreich sein, bei dem gelernt wird, bestimmte physiologische
Abläufe (wie die Atmung, den Herzschlag, die Muskelanspannung) gezielt zu beeinflussen.
In einem weiteren Schritt werden angstauslösende Gedanken und Bewertungen identifiziert,
in Frage gestellt und wenn notwendig, durch nützliche und hilfreiche gedankliche Prozesse
ersetzt. Häufig wird unterschätzt, wie stark der Einfluss der Gedanken auf unsere körperlichen
Reaktionen tatsächlich ist. Die Gedanken bei Agoraphobie sind zum Beispiel häufig
katastrophisierend, was die Erwartungsangst steigert und bereits durch das Denken bestimmte
körperliche Reaktionen ausgelöst werden können. Durch Kontrolle seiner Gedanken erhält man
daher auch wieder mehr Kontrolle über seinen Körper.
Ein weitere wichtiger Schritt ist der Abbau des Vermeidungsverhaltens und der
Vermeidungsrituale. Nach einer umfangreichen Vorbereitung sind die Betroffenen
in der Lage, sich den gefürchteten Situationen auszusetzen und solange in der Situation zu
bleiben, bis die Angst nachlässt. Durch einen Gewöhnungseffekt wird die Angst in
diesen Situationen dann jedes Mal
weniger, bis irgendwann nur noch sehr geringe oder gar keine Angst mehr
vorhanden ist. Diese Vorstellung, sich den gefürchteten Situationen auszusetzen, ist für
viele stark beunruhigend. Die Intervention wird demnach erst dann gesetzt, wenn die Betroffenen
sich auch selbst dazu entschließen, ihren Bewegungsradius erweitern zu wollen und endlich
wieder das machen zu können, wozu sie selbst sich entschließen und nicht die Kontrolle
an die Angst abgeben wollen.
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